As salamu aleykum und „Hallo“ liebe Leser!
Heiligabend ist vorbei, meine Familie feiert
Weihnachten...das 15. Mal ohne mich.
Die ersten Jahre fiel es besonders meiner Mutter nicht leicht, mich nicht mehr dabei zu haben. Der Glaube hat mich in gewissen Dingen von meiner Familie getrennt, so wie er auch vorher die Gläubigen von ihren Familien trennte, wenn sie die Religion ihrer Vorväter verließen, um Allah allein zu dienen und den Islam anzunehmen.
Berühmtestes Vorbild ist wohl der Prophet Abraham -Friede sei auf ihm-, doch gibt es viele weitere Geschichten von Propheten und Gläubigen, welche diesen Weg wählten und dadurch mehr oder weniger von ihren Familien getrennt wurden.
Als das Volk Abrahams ihn schließlich bei lebendigem Leib verbrennen wollte, hatte er niemanden mehr außer Allah und sprach:
„Hasbi Allahu wa ni’mal wakil!“
(Allah genügt mir und Er ist der beste Beschützer).
Wir neukonvertierten und auch neupraktizierenden Muslime stehen vor Herausforderungen, die uns auf die Probe stellen. Es ist als würde man heimatlos und nirgendwo dazu gehören. Die Muslime anderer Länder halten oftmals mehr an ihren Traditionen als am Islam fest und so stehen wir als praktizierende Muslime irgendwo in der Mitte, und wir als deutsche Muslime im Niemandsland der Konvertierten.
Ich fühle mich deutsch und kenne mein Volk, wodurch ich schnell mit ihnen in Kontakt komme und deren Charakterzüge, Vorlieben etc. erkenne und verstehe. Auf der Arbeit habe ich mich oft wohl gefühlt, weil es der selbe Humor ist, der einen verbindet und was die Dawah betrifft, fühle ich mich in Deutschland am besten aufgehoben, weil ich Sprache und Menschen kenne und das ist ein Vorteil. Nicht umsonst erwählte Allah zuvor die Gesandten aus der Mitte ihrer Völker.
Dennoch habe ich mich, seit ich Muslima bin, mit der Kultur anderer Länder befreundet, sehr viel Gutes daraus gelernt und auch übernommen, was mich wiederum anders macht als die Allgemeinheit der Deutschen.
Ich bin deutsch, aber auch türkisch/arabisch geprägt durch meine Freunde und die Jahre, die ich im Ausland gelebt habe. Darüber hinaus unterscheiden wir praktizierenden Muslime (geborene und konvertierte) uns nochmal von der Allgemeinheit, wenn es darum geht, der Kultur den Rücken zuzudrehen, sofern sie dem widerspricht, was Allah will.
Und hier sind Konflikte vorprogrammiert...
seien es Konflikte mit der Familie, dem Arbeitgeber, der Gesellschaft oder Muslimen, die ihre Traditionen vor den Islam stellen.
Wir stehen irgendwo in der Mitte im Niemandsland.
Warum?
Weil es keinen Ort für uns gibt.
Weil es niemanden gibt, der uns unter dem Wort Allahs aufnimmt und beschützt.
Weil gerade wir konvertierten Frauen manchmal ganz ohne Emir, Mahram oder Wāli dastehen.
Weil niemand sich für uns verantwortlich fühlt.
Weil viele nur an sich selbst denken.
Weil wir in den Augen einiger Menschen keinen Wert haben!
Die Tage von Ramadan und Eid sitzen viele der konvertierten Geschwister ohne Familie da, mit der sie die Freude teilen könnten.
Sie sind allein gelassen von allen Seiten.
Diese Zeit ist ein absoluter Ausnahmezustand für die Ummah.
Der Prophet -Allahs Segen und Friede auf ihm- verbrüderte die Ansār und die Muhajirūn. Wenn gläubige Frauen zu ihm kamen, fanden sie Schutz.
Die Gläubigen sorgten sich umeinander, ließen sich nicht allein.
Doch wir, wir sind im Niemandsland.
Als Muslima und Muslim muss man sehr stark sein, denn die Anfeindungen kommen nicht nur aus den Reihen der Nichtmuslime, sondern auch aus den Reihen der Muslime.
Wir sind die Fremden, die Fremden im Niemandsland. Es gibt kein Zuhause auf dieser Welt für uns, überall sind wir fremd!
Eine praktizierende Schwester sagte einmal etwas zu mir, dass ich nicht vergessen kann:
„Du bist konvertiert, aber in dir fließt noch immer Kāfir-Blut!“
Das waren glaub ich die heftigsten und dümmsten Worte, die ich bis dahin gehört hatte. Vergaß sie denn, dass die Eltern Abrahams -Friede sei auf ihm- und die Eltern Muhammeds -Allahs Segen und Friede auf ihm- Götzendiener waren?! Dass die besten Menschen nach den Propheten -Friede sei auf ihnen-, die Ashāb, Götzendiener vor dem Islam waren?!
Wer hat das Recht einen Menschen nach seiner Vergangenheit zu beurteilen, wenn jener
bereut hat und zum Glauben zurückgekehrt ist?!
Und wer hat ihr das Recht gegeben, sich privilegiert zu fühlen, bloß weil sie in eine muslimische Familie geboren wurde?!
Gibt ihr das eine Garantie auf das Paradies oder darauf, besser zu sein?!
Wer den Islam kennt, der weiß, dass solche Aussagen pure Unwissenheit sind, dass es das Denken der Jahiliyya ist!
Sie war nicht die Einzige, von der ich so etwas hörte. Auch andere Frauen äußerten ähnliche Sprüche.
Es gab tatsächlich Geschwister, die aufgrund ihrer üblen Erfahrungen mit Muslimen, den Islam wieder verlassen haben oder in falsche Gruppierungen geraten sind. Einige sind nicht vom Glauben abgekommen, doch haben sie aufgehört zu praktizieren oder sind schwächer geworden.
Das ist kein Grund und auch keine Entschuldigung, aber dennoch ist es sehr, sehr traurig! Und es ist Realität!
Dass sehr viele Menschen ein völlig falsches Bild vom Islam haben, auch aufgrund unseres Fehlverhaltens, sollte bekannt sein.
Cat Stevens sagte nicht umsonst, dass er froh sei, erst den Islam und dann die Muslime kennengelernt zu haben.
Sicher habe ich mit Muslimen sehr, sehr gute Erfahrungen gesammelt. Aber ich habe auch einige der schlimmsten Erfahrungen meines Lebens mit Muslimen gemacht.
Doch Menschen sind nicht der Maßstab für die Wahrheit. Und Menschen sollten niemals der Grund sein, der Wahrheit den Rücken zu kehren.
Allah allein ist es, Dem wir dienen und Dem wir uns ergeben!
Selbst wenn wir wie Abraham -Friede sei auf ihm- allein dastehen, dürfen wir nie vergessen, dass Allah über uns wacht und uns beschützt!
Moses -Friede sei auf ihm- stand vor dem Meer und Allah spaltete es für ihn.
Es ist Derselbe Allah, Der uns sieht und uns hört! Der unsere Herzen und Anliegen kennt und lenkt!
Es tut weh, von Menschen enttäuscht zu werden, besonders wenn man sie liebt; doch was zählt ist, dass die Fehltaten der Menschen uns nicht von unserem Herrn entfernen dürfen!
Sie sind nicht der Maßstab, selbst wenn sie sich Muslime nennen. Der Maßstab sind unsere Taten gemessen am Wort Allahs und der Sunnah Seines Gesandten -Allahs Segen und Friede auf ihm.
Verrat, Angriffe, Verletzung, Betrug etc. schmerzt immer mehr, wenn er aus den eigenen Reihen kommt, deshalb erwähne ich besonders die Problematik unter uns Muslimen. Weil das ist es, das die Herzen tief trifft und das Vertrauen zerstört.
Es ist schwer, nicht kalt zu werden und gütig zu bleiben in einer Welt, in der Güte und Warmherzigkeit ausgenutzt und als Schwäche gesehen wird.
Sich treu zu bleiben und gerecht zu sein, wenn einem viel Ungerechtigkeit widerfährt.
Zu lieben und zu vertrauen, wenn das Herz voller Narben ist.
Es ist ein Kampf, sich und das Feuer in einem nicht zu verlieren, wenn man müde geworden ist, vom sich immer wieder befeuern und auf die Beine zu stellen.
Doch die Kraft des Glaubens, das Licht in uns und die Hoffnung auf Allahs Gunst sollten unser Antrieb sein, in einer Welt voller Ungerechtigkeit gerecht zu bleiben! In einer Welt voller Finsternisse zu leuchten und die Hoffnung nie zu verlieren!
Jede gute Tat zählt und Allah vervielfacht sie zehnfach oder mehr, wie es Ihm beliebt!
Unsere Rettung ist es, uns auf Allah zu verlassen und Ihm zu vertrauen, so wie Abraham -Friede sei auf ihm- sagte:
„Hasbi Allahu wa ni’mal wakil“ (Allah genügt mir und Er ist der beste Beschützer).
Das Niemandsland wird schon bald vergehen und wir erhoffen uns nichts weiter als das Wohlgefallen Allahs und ein ZUHAUSE im Paradies.
Das ist der wahre Gewinn, das wahre Glück und all das Leid dieser Welt wert!
Seid gut zueinander und achtet aufeinander...
die Welt braucht mehr Liebe und Vertrauen
🌍❤️✌🏼😊
Umm Muhammed Ismail